„Ein Zusammenleben von Menschen ist heutzutage ohne Maße und ohne Messen nicht mehr vorstellbar. Ja sogar die Existenz der Menschheit ist ohne Messung und ohne Berücksichtigung der Ergebnisse des Messens unmöglich.“
(Wolfgang Trapp: Kleines Handbuch der Maße, Zahlen, Gewichte und Zeitrechnung, 1992, S. 9)
Im vergangenen Jahr 2020 wurde das Wort „Babyelefant“ zum österreichischen Wort des Jahres gewählt. Bekanntermaßen meint der Begriff eine neue Maßeinheit, welche die Distanz von einem Meter zwischen Menschen symbolisiert. Damit wird das Rüsseltier - wie zum Beispiel das „Fußballfeld“ - zu einer bildhaften Maßeinheit, die weniger von den Planer*innen als von den Publizist*innen verwendet wird, etwa wenn eine Zeitung tituliert: „Fläche in der Größe von 30 Fußballfeldern wird täglich verbaut“ (Der Standard, 12. Oktober 2015). Wie groß ist eigentlich ein Fußballfeld? Und ein Babyelefant?
Mit den Kindern der SIP sprachen wir - virtuell und real - über Messbares und Nicht-Messbares. Wir bereiteten Arbeitsblätter und Aufgaben vor, die sie in die Welt der Perspektive und der Quantifizierung führten. Spielerisch erforschten die Schüler*innen historische und moderne Maßeinheiten, solche die naturwissenschaftlichen Konventionen unterliegen und solche, die auf Körpermaßen oder Analogien beruhen. Sie vermaßen ihre Schule und stellten sich die Frage, wie sich die Qualitäten etwa von Geräuschen und Texturen dokumentieren und kommunizieren lassen. Mit geschlossenen Augen tasteten sie Wände ab und gingen dann nach draußen um nicht tastbare Grenzen - ihr Schulhof wird nicht von Zäunen, sondern von Regeln ("Ihr dürft bis dorthin gehen.") begrenzt - zu kartieren. Oder sie legten sich auf den Rücken und blickten zur Abwechslung mal nach oben, um eine Karte der Zimmerdecke oder der Tischunterseiten anzufertigen.
Über einen Zeitraum von drei Wochen haben die beiden engagierten Lehrer der SIP die Arbeitsblätter in den Unterricht eingebunden. Passend zum Semesterthema "Sprache" haben wir gemeinsam in zwei virtuellen Sessions über die Herkunft von Maßeinheiten gesprochen und mit den Schüler*innen diskutiert, warum kartografische Repräsentationen von "Welt" eine eigene Sprache sind, deren (traditionelles) Vokabular unter anderem Maßstab und Perspektive beinhaltet. In der abschließenden Reflexion diskutierten wir, wie Planer*innen Karten als Grundlagen verwenden und warum diese - genauso wie sie Realität repräsentieren - auch Realität erzeugen.
Schule: SIP - Schule im Pfeifferhof
Lehrerin: Lisa Hofer, Christof Prem
Baukulturexpertise: Christian Frieß, Isabell Wolke
Dieses Projekt wird durch die Projektreihe RaumGestalten 2020/21 unterstützt, getragen von: OeAD, Architekturstiftung Österreich sowie Bundeskammer der Ziviltechniker:innen | arch+ing
+++ Verein zur Förderung einer interdisziplinären Auseinandersetzung mit der gebauten Umwelt +++